Wie ich zu dem Agile Coach wurde, der ich sein möchte
Im September 2019 entschied ich mich, an der Ausbildung zum werstiftenden Agile Coach bei Oose teilzunehmen. Warum gerade diese Ausbildung? Es gab drei ausschlaggebende Gründe für mich:
- Das Wort “wertstiftenden”
- Der Titel des 6. Moduls “Wie ich zu dem Agile Coach werde, der ich sein kann”
- Das Vertrauen in die Trainer, von denen ich bereits zwei von einer vorherigen Fortbildung und Konferenzen kannte.
Bevor es jedoch losgehen konnte, musste ich mich erstmal mit dem Organisatorischen auseinandersetzen. 1. Kann ich mir das leisten? 2. Wird mich mein Arbeitgeber dafür freistellen?
Frage 1 war schnell geklärt. Ja, ich kann es mir leisten, wenn ich auch weitere größere Ausgaben in 2020 verzichte. Eine kurze Nachfrage bei Oose ergab auch, dass die Kosten nicht auf einen Schlag am Anfang der Ausbildung fällig sind, sondern pro Modul in Rechnung gestellt werden. Das entsprach genau meinem Bedarf.
Frage 2 brauchte mehrere Diskussionsrunden mit meinem Arbeitgeber und eine weitere Nachfrage bei Oose. Mein Ziel war es, keinen Urlaubstag für die Fortbildung verwenden zu müssen. Glücklicher Weise ist die Ausbildung zum wertstiftenden Agile Coach Bildungsurlaub anerkannt. Das bedeutete zwar jede Menge Papierkram, aber eben auch 10 Tage Freistellung von meinem Arbeitgeber ohne weitere Diskussionen.
Modul 1: Meine Sicht von Agilität
Am 12. und 13. März 2020 war es endlich soweit. In den Räumlichkeiten von Oose in Hamburg lernte ich meine zwölf Mitstreiter und vier Trainer für die nächsten sechs Monate kennen. Corona war bereits ein Thema, aber uns war noch nicht bewusst, was es letztendlich für eine Auswirkung auf uns haben wird. Rückwirkend betrachtet, waren das die letzten “normalen” (Arbeits-)Tage bisher. Mir war ja schon vor Beginn der Ausbildung klar, dass diese mein Leben verändern wird, allerdings wurde diese Änderung durch die Pandemie noch viel größer als ich es mir vorher vorstellen konnte.
Inhaltlich war für mich das Modul 1 erwartungskonform eher eine Auffrischung mir bekannter Methoden, Werte und Prinzipien. Dennoch hat es mir geholfen, diese zu sortieren, einzuordnen und Lücken zu füllen. Vor der Ausbildung fehlte mir eine gewissen Struktur im Umgang der mir bekannten Methoden und Werkzeuge. Außerdem fiel es mir schwer, meine eigene Haltung klar und verständlich zu formulieren. Inzwischen gelingt mir beides immer besser. Ein Plus ist außerdem, dass wir nicht den einen “richtigen” Weg vorgegeben bekommen haben. Wir haben gelernt, WIE wir unseren eigenen Weg finden können und was uns dabei hilft.
Modul 2: Wie ich in der Veränderung kommuniziere
Noch nie war ein Seminartitel passender! Modul 2 fand im April 2020 Mitten im Corona Lockdown statt – online natürlich. Wir erlebten gerade eine der gößten Veränderungen in der Welt. Auch unsere Arbeitswelt und das Privatleben hatten sich schlagartig verändert. Mehr denn je benötigten wir also die Inhalte des zweiten Moduls. Denn wie soll es denn nun gehen mit der Kommunikation, wenn alle im Homeoffice festsitzen?
Ich stellte fest, dass ich die Grundlagen über Kommunikation und Moderation, die uns in diesem Modul vermittelt wurden, schon fast im Schlaf beherrschte und hätte mir ein paar mehr Transfer-Übungen gewünscht. Es war dennoch sinnvoll das Verständnis der Grundlagen zu schärfen. Schließlich war es auch mein eigener Wunsch, durch die Ausbildung eine gewisse Selbstsicherheit zu bekommen, damit ich auch innerlich davon überzeugt bin, dass ich gut genug für diese Rolle bin. Ganz nebenbei konnten wir gemeinsam so einige virtuelle online Tools ausprobieren, die wir in der Zukunft auch zur Erleichterung der remote Kommunikation nutzen konnten.
Modul 3: Wie ich andere unterstützen kann – Coaching
Auch hier kam das Modul gerade zum richtigen Zeitpunkt. Corona ist nämlich nicht einfach wieder verschwunden. Und nach und nach wurde das Ausmaß auch jedem so richtig klar. Da ist auch der natürliche Bedarf an Coaching gestiegen. Dieses Mal wurde das Modul online über drei Tage gestreckt. Wir sind da ganz agil vorgegangen und haben in der Retrospektive des vorherigen Moduls entschieden, dieses Vorgehen einmal auszuprobieren.
Für mich war die bahnbrechensde Erkenntnis aus diesem Modul die Komplementärberatung. Komplementärberatung ist etwas, das ich bereits tat, weil es sich richtig anfühlte, aber im Widerspruch zu meinem Verständnis von Coaching stand. Denn beim Coaching liegt die Lösung und Lösungsfindung ganz bei der Person, die gecoacht wird. Aber gerade in Phasen der Veränderung und der Konfrontation mit etwas Neuem und Unbekanntem fehlt der Person, die um ein Coaching gebeten hat, hier und da das entsprechende Wissen oder die Kenntnis hilfreicher Methoden. In diesem Fall wird möglicher Weise eine Beratung benötigt, um neue Handlungsoptionen zu identifizieren. Komplementärberatung ist eben genau diese Kombination. Und nach Abschluss des Moduls war ich in der Lage, dieses effektiv anzuwenden.
Austausch in der Peer Group
Unsere Peer Groups bestanden aus drei Personen. In meiner Peer Group haben wir zwischen den ersten drei Modulen jeweils einmal zum vorgegebenen Thema gesprochen. Das änderte sich jetzt nach dem dritten Modul. Denn die Aufgabe war es, uns gegenseitig zu coachen. Und zumindest in meiner Gruppe wollten wir dieses auch tun. Nun haben wir uns an drei Abenden online getroffen und ein Coaching durchgeführt. Ich hatte das Gefühl, nun richtig angekommen zu sein. Zum einen möchte ich meinen Schwerpunkt aufs Coaching setzen und zum anderen haben wir uns auch menschlich in der Peer Group angenähert und in Folgeterminen immer wieder nachgehakt, was aus dem jeweiligen Thema geworden ist.
Modul 4: Wie ich meine Organisation verändere
Zwischen Modul 3 und 4 lagen nur knappe vier Wochen und mit dreimal Peer Group Coaching dazwischen stand Modul 4 Ende Juni dann ganz schnell vor der Tür. Aufgrund der Erfahrungen der vergangenen beiden online Modulen sind wir wieder zurück zu einer zweitägigen Veranstaltung gewechselt.
Durch die intensive Auseinandersetzung mit dem Peer Coaching in so einem kurzen Zeitraum, fiel es mir etwas schwer, in das Thema des vierten Moduls reinzufinden. Organisationsentwicklung: Endlich etwas komplett Neues für mich – so dachte ich. Dabei habe ich übersehen, dass ich im letzten Jahr doch sehr intensiv in die Organisationsentwicklung bei meinem derzeitigen Arbeitgeber mit eingebunden wurde. Dadurch fiel es mir etwas leichter, die doch recht komplexen Methoden und Werkzeuge einzuordnen, die in diesem Modul behandelt wurden. Mein Highlight war der Loop Approach. Auch hier steht das Wie im Vordergrund – wie kann eine Transformationen gelingen – und weniger das definierte Ergebnis, was am Ende herauskommen soll. Für mich ist das der agile und iterative Weg der Organisationsentwicklung.
Modul 5: Wie ich mit Herausforderungen umgehe
Nach den Sommerferien Mitte August stand das Thema Umgang mit Konflikten im Mittelpunkt. Während der Homeoffice Zeit sind viele vorhandene Konflikte erst so richtig sichtbar oder spürbar geworden und durch die neue Situation sind auch noch neue Konflikte hinzugekommen. Und das geschah nicht nur in unserer Arbeitswelt, sondern auch im Privatleben und der Öffentlichkeit. Daher kam auch dieses Modul zur rechten Zeit.
Ich persönlich finde Konflikte interessant und spannend. Man kann so viel über sich und andere lernen, wenn man sich ernsthaft mit dem Konflikt auseinander setzt. Konflikte sind ganz natürlich und nicht grundsätzlich etwas schlechtes. Jeder Mensch hat Konflikte – besonders diejenigen, die das Gegenteil behaupten. Wer glaubt, keine Konflikte zu haben, verschließt höchst wahrscheinlich nur die Augen davor. Um mit Konflikten in Zukunft besser umgehen zu können, haben wir in diesem Modul geübt, Nein zu sagen und Kritikgespräche sowie Konfliktanalysen durchzuführen. Besonders die Konfliktanalyse ist sehr hilfreich, um Konflikte weniger dramatisch wirken zu lassen. Abseits der Emotionalität kann mit dieser Methode mehr Verständnis geschaffen und eine konstruktive Lösung gefunden werden.
Modul 6: Wie ich zu dem agilen Coach werde, der ich sein kann
Und dann war es auch schon September und das letzte Modul meiner Ausbildung stand an. Es war schön, die meisten Teilnehmer mal wieder persönlich sehen und erleben zu können. Leider konnten bzw. durften, auf Grund verschiedenster individueller Corona-Regelungen, nicht alle Teilnehmer vor Ort in Heiligenhafen dabei sein. Die Trainer*innen haben allerdings auch dafür eine tolle Lösung geschaffen, so dass es jedem ermöglicht wurde, die Inhalte des 6. Moduls im vollen Umfang mitzunehmen.
In diesem Modul wurden wir über zwei Tage durch den Prozess des Zürcher Ressourcen Modells (ZRM) geführt. Wir haben alle ein ganz individuelles Haltungsziel erarbeitet und unterstützende Ressourcen aktiviert. So ist bei mir auch die Idee zu meinen Glitzer-Methoden entstanden. Für die Zukunft habe ich ZRM als Selbstmanagement und Coaching Werkzeug mitgenommen.
(M)eine Retrospektive: Wie es jetzt weiter geht
- Meine Wünsche an diese Ausbildung haben sich voll erfüllt:
- Ich kann jetzt meine Haltung klar formulieren (Modul 1)
- Ich habe Sicherheit im Umgang mit den passenden Methoden gewonnen (Modul 2-5)
- Ich weiß, wo die Reise als agiler Coach für mich hingeht (Modul 6)
- Mein Haltungsziel aus dem ZRM wird sich wie von selbst verwirklichen
- Ich bringe noch mehr Menschen zum Strahlen und verborgene Talente zum Vorschein
- Die Themen Haltung, Kommunikation, Coaching und Konflikte werden mich begleiten
- Ich werde meine Webseite erweitern und Glitzer verteilen
- Es geht weiter wie bisher – nur besser!